Samstag, 24. Januar 2009
 
Wagenburg Wien wieder in Nöten PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Wagenplatz Wien / akin   
Mittwoch, 12. März 2008

Etwa 25 Leute leben in Wohnwägen, Bussen und Bauwägen in einer Gemeinschaft auf einem Grundstück in Simmering. Seit 2006 exisitiert die Wagenburg, zweimal mußte sie seither schon umziehen. Und auch auf ihrem neuen Platz bleiben sie vom Magistrat nicht unbehelligt.

Zuerst mußten die Menschen von ihrem alten Platz verschwinden, da das Grundstück verkauft wurde, machten dann einen kurzen Zwischenstopp auf Gemeindegrund (eine ungenützte Brachfläche, umgeben von Tierkörperverwertung, Müllverbrennung und Kläranlage) und haben jetzt durch das Angebot einer Privatperson Quartier auf deren ehemaligen Acker in Kaiserebersdorf gefunden. Jetzt auf dem neuen Grundstück gibt es aber wieder Scherereien, wie ein Bericht der Gruppe veranschaulicht:

Der Überfall: 5 BeamtInnen der MA 6 und 4 PolizistInnen kamen unangemeldet am 06.03.2008, 7 Uhr früh, auf den Wagenplatz, kennzeichneten die Wägen mit Nummern und Buchstaben, verschafften sich teilweise unautorisierten Zutritt und forderten von allen anwesenden Personen Personalien, Eigentumsverhältnisse, Mietpreis und Auskunft über andere eventuelle BewohnerInnen - trotz Protest wurden mutwillig falsche, bzw. spekulative Daten bezüglich des Eigentums und der Länge des Aufenthalts der anwesenden Personen aufgenommen.

Auftraggeber war die MA 62 (Zentrales Meldeservice), Grund: Meldeversäumnis; skurril: da die Baupolizei einen Räumungsbescheid fixiert hat...

Dieses Vorgehen ist als Schikane zu verstehen, da bereits mit der MA 37 eine Offenlegung der Eigentumsverhältnisse vereinbart worden war. Die betroffenen Personen haben die Meldung anschließend gleich nachgeholt.
Die Bauverhandlung im Vorfeld: Wir wurden seitens der Baupolizei dringlichst aufgefordert, an der Verhandlung teilzunehmen, da eine ”gute Lösung” für alle Beteiligten gefunden werden sollte. Einziger Sinn und Zweck der Verhandlung war die ”Klärung der Eigentumsverhältnisse der Fahrnisse”. Mensch muss ja wissen, an wen der Räumungsbescheid geht. Nach zwei Stunden ehrlicher Solidarität (”Ich finde das ganz toll was ihr macht, aber aufgrund der Gesetze muss ich die Räumung veranlassen” – die Verhandlungsleiterin/Baupolizei) und weiser Ratschläge (”Ihr könnt ja Berufung einlegen” - Selbige; ”Es gibt mehrere Campingplätze in Wien” – der Vertreter des Bezirkamts Simmering) war klar was passieren wird. In den nächsten Tagen erhalten wir den Räumungsbescheid.

Die rechtliche Grundlage: Die Baupolizei beruft sich auf die Widmung unseres Grundstücks: Grünland. Im Grünland dürfen keine ”Fahrnisse” stehen. Punkt. Da kann Mensch noch soviel Miete zahlen, Mülltonne und Senkgrube von der Stadt entleeren lassen und einen gültigen Meldezettel haben. Was nicht ist, darf niemals sein.

Das absurde Resultat: Wenn wir auf keinem Grünland stehen dürfen, was bleibt da noch? Es gibt die Widmung Zeltplatz, so ein Grundstück müsste uns die Stadt aber erstmal widmen (und das muss u.a. durch den Gemeinderat), und es gibt die Widmung Baugrund. Na dann, mieten wir uns einfach einen 4000 m² (entspricht unserem jetzigen Grundstück) großen, erschlossenen Baugrund in Wien und … Hoppla! … vielleicht sollten wir davor noch ein paar Banken ausrauben?! Nein, dieses Urteil macht es uns unmöglich privat ein Grundstück zu finden.

Die Verantwortung der Stadt: Es geht uns nicht im geringsten um Geld und Subventionierung, sondern um die Option nach unseren Vorstellungen zu leben. Das wird nach dem Urteil der Baupolizei – zumindest legal - ohne Kooperation der Stadt nicht mehr möglich sein. Und das ist verrückt genug.

Wir sind gerne bereit in ernsthaften Gesprächen eine Lösung zu finden. Aber die Möglichkeit, dass es keinen Wagenplatz mehr gibt, existiert nicht.

Wir leben in Wägen und wir leben in Wien!

(gekürzt)

*

Quelle und weitere Infos:

http://wagenplatz.at/

Jour Fixe für Gäste mit Platzcafe und Wagenbar unter dem Motto “Hau di her, samma mehr” jeden Montag ab 20 Uhr
Adresse: Kimmerlgasse, Ecke Krautgasse. Wegbeschreibung: U3 bis Simmering; 73A bis Pantucekgasse + Fußweg (3 Minuten): Kaiserebersdorferstraße stadtauswärts gehen; erste Möglichkeit links in Schmidgunstgasse; anschließend wieder links in Krautgasse; geradeaus weiter bis zur T-Kreuzung mit Kimmerlgasse; links in Kimmerlgasse einbiegen; nach ca. 150m Wagenplatz
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